Der gemeinsame Glaube an den Einen Gott (1)

Siehe, die da glauben, auch die Juden und die Christen und die Sabäer – wer immer an Allah glaubt und den Jüngsten Tag und das Rechte tut, die habe ihren Lohn bei ihrem Herrn. Keine Furcht kommt über sie und sie werden nicht traurig sein.“ (2:62)

1. Stellungnahmen der Kirchen

Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfräuliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdies erwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten. Da es jedoch im Lauf der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Muslimen kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.

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Die Väter des II. Vatikanischen Konzils
Foto: Lothar Wolleh (Wikipedia)


Dies steht nicht in einem Schreiben irgendeines Papstes, eines Bischofs, Theologen oder irgendeiner kirchlichen Institution. Dieses Zitat kommt aus dem Herzen der Katholischen Kirche selbst, ist Bestandteil ihrer Verfassung. In den 1960er-Jahren rief der damalige Papst Johannes XXIII. die Bischöfe zusammen, um der Kirche in einem 5 Jahre währenden Prozess eine neue verbindliche Ausrichtung zu geben. Das obige Zitat stammt aus der Konzilserklärung „Nostra aetate“ (Kap. 3). Die Aussagen dieser Erklärung sind zwar nicht im Sinne eines Dogmas unfehlbar, aber sie „müssen alle und jeder der Christgläubigen als Lehre des obersten kirchlichen Lehramtes annehmen und festhalten…“ (123. Generalkongregation) Mit anderen Worten: wer als katholischer Christ dem obigen Zitat nicht zustimmt, steht mit seiner Privatmeinung damit außerhalb der Lehre seiner Kirche.  

Genauso äußert sich auch auf evangelischer Seite zum Beispiel die Evangelische Kirche in Deutschland:

Im Bekenntnis zum dreieinen Gott bekennen wir Christen ebenso nachdrücklich und eindeutig wie Muslime: ‚Es gibt keinen Gott außer Gott‘ – außer dem einen, einzigen, wahren Gott. Es ist beachtenswert, dass das arabische Wort ‚Allah‘ kein anderer Gottesname ist, sondern einfach ‚Gott‘ bedeutet. Arabisch sprechende Christen übersetzen daher die biblische Gottesbezeichnung mit ‚Allah‘ und gebrauchen das Wort im Alltag wie in Literatur und Liturgie. Im südostasiatischen Umfeld z.B. verwenden viele Christen das Wort ‚Allah‘ bewusst, um sich gegen ein polytheistisches oder sonst unbiblisches Gottesverständnis abzugrenzen. Es besteht hier nicht zufällig eine Gemeinsamkeit. Denn die koranischen Aussagen über Gott haben in der Begegnung mit jüdischen und christlichen Traditionen Kontur gewonnen. So bekehren sich Muslime, wenn sie Christen werden, nicht zu einem anderen als ‚Allah‘, auch wenn sich ihnen damit in Jesus Christus durch den Heiligen Geist ein anderes, neues Gottesverhältnis eröffnet.“ (Zusammenleben mit Muslimen in Deutschland. Gestaltung der christlichen Begegnung mit Muslimen. Eine Handreichung des Rates  der EKD. 2000.)


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Eine Antwort zu Der gemeinsame Glaube an den Einen Gott (1)

  1. Joerg sagt:

    Nachtrag

    Wenn also ein Kardinal Meisner in einer mehr als unbedachten Äußerung so deutlich die Muslime herabwürdigt, so ist das unvereinbar mit der Lehre der Kirche. Vielmehr stellt er sich damit ganz eindeutig gegen dieselbe, und zwar viel radikaler, als ein Bischof, der bei Baumaßnahmen das Maß verliert.

    Der Schaden, den er – kurz bevor er sich ins Private zurückzieht – verursacht, ist immens. Und auch der Ausdruck seines Bedauerns verdeckt nicht die Asymmetrie zwischen der persönlichen Haltung seiner Eminenz und der verbindlichen Lehrmeinung seiner Kirche.

    Angemessen wäre eine formelle Entschuldigung: seitens des Kardinals und seitens der Kirche.

    Ich als Katholik bin erschrocken über diese gröbste Herabsetzung und Beleidigung der Muslime.

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