Gottes Wort (2:75-81)

„Wünscht ihr, dass sie euch Glauben schenken? Aber ein Teil von ihnen hat Allahs Wort vernommen  und verstanden und hernach wissentlich verdreht.“ (2:75)

Gott schenkt uns sein Wort. Jeden Menschen leitet er durch sein Gesetz, das er in unsere Herzen gepflanzt hat, und das jedem Menschen sagt: das Gute ist zu tun, das Böse zu unterlassen. Er hat uns auch  nicht ohne Richter gelassen: dieser ist unser Gewissen, das uns mahnt, das Gesetz auch zu beachten.   Damit ausgerüstet ist jeder Mensch in der Lage, den Willen Gottes zu tun. Unabhängig von der Religion, der er angehört.

Juden, Christen und Muslimen hat Gott aber in besonderer Weise Rechtleitung gegeben. Für uns sind die Bibel bzw. der Koran von Gott offenbart.

Der Weg der Offenbarung ist dabei sehr unterschiedlich. Hier verhält es sich dann wie so oft in missverständlichen Situationen: wer die eigenen Ansprüche an das Andere anlegt, wird bald auf Widersprüche oder Unverständliches stoßen.

In diesem Zusammenhang nun also der – ja – Vorwurf der bewussten Verfälschung des originären Wortes Gottes. Und auf den ersten Blick hat dieser Vorwurf etwas Wahres: Wir bekennen die Bibel als Wort Gottes, und in ihr steht zahlloses menschliches.

Die Bibel ist von Menschen geschrieben. Die biblische Theologie erkundet sehr genau, wer die biblischen Schriftsteller, Redakteure, Korrekturleser und Kopisten sind. Wir Theologen erforschen diese Leute, und wissen sehr viel über sie: über ihre religiösen, politischen und gesellschaftlichen Ansichten, über ihre gesellschaftliche Stellung, ihre sozio-kulturelle Herkunft und manchmal auch über ihre persönliche Biografie. Und das meiste davon lesen wir aus der Bibel heraus.

Wir erforschen auch die Brüche in der Bibel: die unterschiedlichen Intentionen und Vorstellungswelten der einzelnen Autoren, die sprachlichen Besonderheiten und vieles mehr. Von Einheitlichkeit keine Spur.

Auch werfen wir den Blick auf die Unterschiedlichkeit der literarischen Gattungen: die Bibel, das ist eine Vielzahl unterschiedlichster Texte: Geschichtswerke finden sich hier, Gesetzestexte, Prophetien, Briefe, Aphorismensammlungen, Liedtexte und sogar eine Sammlung von Liebesliedern.

All das ist die Bibel, aber eigentlich haben wir nicht einmal diese, weil kein einziger Text im Original erhalten ist. Wir haben nur Abschriften von Abschriften, und es ist eine eigene Disziplin der biblischenTheologie, bei den unterschiedlichen Versionen Kriterien zu finden, um entscheiden zu können, welche Fassung überhaupt zugrundegelegt werden soll.

Und zuletzt sind wahrscheinlich nur die wenigsten der Texte unter dem Anspruch geschrieben, Wort Gottes zu sein. Erst nachträglich sind bestimmte Schriften als Heilige Schrift zusammengetragen (kanonisiert) worden.

Kann also ein solches Sammelsurium Wort Gottes sein? Oder handelt es sich bei der Bibel nicht doch um genau das im Koran beschriebene Phänomen der Fälschung von Gottes Botschaft?

Fortsetzung folgt.

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