Rechtleitung (2:37-38)

„Und Adam empfing von seinem Herrn Worte und Er nahm seine Reue an; denn siehe, Er ist der Vergebende, der Barmherzige. | Wir sprachen: „Fort mit euch von hier allesamt! Und wenn zu euch Rechtleitung von Mir kommt, wer dann Meiner Rechtleitung folgt, über die soll keine Furcht kommen, und sie sollen nicht traurig sein.“

Gott vergibt Adam seine Schuld, denn er ist der Vergebende, der Barmherzige. Damit vergibt er – da Adam für alle Menschen steht – allen Menschen ihre Schuld. Und wie der Neuanfang aussieht, das zeigt Vers 2:37. Es ist der Zweischritt vom Unheilszustand des Menschen („Fort mit euch von hier allesamt!“) zur Vergebung („Und wenn zu euch Rechtleitung von Mir kommt, wer dann Meiner Rechtleitung folgt, über die soll keine Furcht kommen, und sie sollen nicht traurig sein.“, 2:37).

Das Interessante daran: diese Vergebung wird nicht etwa „nur“ Abraham als Stammvater der Ismaeliten und Israeliten, oder Jakob, als Stammvater Israels zuteil, sondern Adam. Gott hat ALLEN Menschen Rechtleitung gegeben.

Und dies – ich wiederhole mich hier, aber der Gedanke ist in nahezu jedem Zusammenhang wichtig – indem er allen Menschen sein Gesetz ins Herz gepflanzt hat, das ihm sagt, dass das Gute zu tun, das Böse zu unterlassen ist. Ein Gesetz, das jedem Menschen, unabhängig von seiner Reiligion und Kultur, vertraut ist, und dessen sich selbst der schlimmste Übeltäter bewusst ist. Und neben dem Gesetz hat Gott uns auch einen Richter ins Herz gepflanzt, unser Gewissen, das uns ab und an „beißt“.

Legislative und Jurisdiktion liegen also in der Natur des Menschen schon begründet. Allein: die Exekutive, die die Sünde faktisch verhindern könnte, gibt es nicht: dafür hat Gott uns die Freiheit geschenkt, zwischen Gut und Böse zu wählen. Kein Mensch wird von einem inneren Polizeibeamten gegen seinen Willen zum Guten gezwungen oder von einem inneren Justizvollzugsbeamten für seine Sünden inhaftiert.

„Und Adam empfing von seinem Herrn Worte“ (2:37), historisch deutlich bevor der Koran verkündet wurde. Damit ist Adam ein Prophet. Und damit ist jeder Mensch ein Prophet. Die Gewissensentscheidung hat eine so große Würde, dass selbst unser Staat darauf aufgebaut ist: jeder Abgeordnete unseres Parlaments ist in seinem Abstimmungsverhalten nur einer Instanz gegenüber verpflichtet: seinem Gewissen. (Es gibt zum Beispiel keine bindende Parteidisziplin, der er unterworfen wäre.)

Mit dem Gesetz Gottes im Herzen und einem Gewissen ausgestattet, hat aber in gewisser Weise jeder Mensch Anteil an der prophetischen Gabe Adams: für Gottes Weisung einzustehen und diese im Leben zu realisieren – ganz gleich, welcher Religion, Kultur oder Lebenswelt er angehört.

Darin liegt die Rechtleitung Gottes für alle Menschen, aber auch die Aufgabe und Verantwortung eines jeden Menschen.

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