Glaube und Unglaube (2:108-117)

Preis sei ihm! (…) Ihm gehört, was in den Himmeln und auf Erden ist: alles gehorcht Ihm. Er ist der Schöpfer der Himmel und der Erde, und wenn Er eine Sache beschließt, spricht er nur zu ihr: ‚Sei!‘, und sie ist.“ (2:116-117)

Aus dem Gesagten (vorangegangener und vorletzter Beitrag) deutet sich also an, was in unserem Zusammenhang Unglaube bedeutet:

Unglaube ist die bewusste Entfernung von Gott. Und konkreter noch: Ungläubig ist der Mensch, der anstelle des „Schau-auf-uns“-Gottes das Zerrbild eines „Favorisiere-uns“-Gottes setzt. Ersterer ist der, von dem wir bekennen: „Gott ist unerreichbar groß / größer“ (Allahu akbar), als wir ihn denken könnten. Letzterer ist der Götze, von dem wir mit dem Mund predigen: „Gott ist so und so“ – ein Bild, das unsere Imaginationskraft befriedigt, aber letztlich unserer Phantasie entspringt.

Was also macht in diesem Sinne den Unglauben aus? – Jener ist Gott fern, der sein eigenes Gottesbild als das einzig wahre verkündet. Ausdrücklich beschreibt der Koran diese Gefahr:

1. Zunächst unter den eigenen Leuten. („Oder wollt ihr eueren Gesandten ausfragen, wie Moses seinerzeit ausgefragt worden war? Wer aber den Glauben mit dem Unglauben vertauscht hat, der ist schon vom ebenen Weg abgeirrt.“ 2:108)

2. Dann auch bei Juden und Christen. („Und sie sprechen: ‚Ins Paradies treten ausschließlich Juden oder Christen ein.‘ Dies sind ihre Wünsche. Sprich: ‚Bringt eueren Beweis bei, wenn ihr die Wahrheit zu sagen glaubt.‘“ 2:111)

Dies ist Unglaube in seiner reinsten Form, das Ziel allen Götzendienstes: Favorisiere uns! (vgl. 2:113) Es gibt für diese eine Antwort: „Allah wird unter ihnen am Tag der Auferstehung über das richten, worin sie uneins sind.“ (2:113) Ich persönlich bin davon überzeugt: Alle, die sich uneins waren und alle Gläubigen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, alle Zweifler, alle Menschen werden erkennen: Gott ist noch unendlich mal größer, als unsere Worte und Gedanken Ihn hätten fassen können. Und dann werden alle auch wissen, wie kleinlich sich aller Streit um das Wesen Gottes gestaltet hat.

Gott selbst bleibt unbewegt von dem: „Und Allah ist der Westen und der Osten. Daher: Wohin ihr euch wendet, dort ist Allahs Angesicht. Siehe, Allah ist allumfassend und wissend.“ (2:115)

Der Gegenentwurf des Zerwürfnisses: Wendet Euch Allah zu. „Schau auf uns!“ Der Glaube ist die Sprache des Liebenden. „Und verrichtet das Gebet und zahlt die Steuer. Was ihr Gutes für Euere Seelen voraussendet, das werdet ihr bei Allah finden. Siehe, Allah sieht, was ihr tut.“ (2:110) „In der Tat, wer auch immer sich Allah hingibt und Gutes tut, der hat seinen Lohn bei seinem Herrn; und keine Furcht kommt über sie, und sie werden nicht traurig sein.“ (2:112) Am Anfang steht die Hingabe, das Gebet. Nicht als fromme Pflichtübung, sondern als zeichen dessen, der sich von Allah angeschaut weiß. Die Steuer zu zahlen und Gutes zu tun ist ebenso eine natürliche Folge dieser Hingabe, wie der Lohn, der ganz schlicht ist: „sie werden nicht traurig sein“.

Wer sich also von Gott erkannt weiß, der wird nicht streiten, sondern sowohl Gott als auch den anderen Menschen mit Vertrauen begegnen. Der Lohn (2:112): er liegt allein bei Gott.


Giorgione - Die drei Philosophen (1505). Quelle: Wikipedia


Giorgione – Die drei Philosophen (1505). Quelle: Wikipedia (gemeinfrei)


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