Der Name aller Dinge (2:30-37)

Die Sprache ist der Schlüssel unseres menschlichen Verstehens. Und dass wir denkend die Schöpfung Gottes erfassen können, verdanken wir vor allem unserer Fähigkeit, Worte für die Dinge zu finden. jeder Baum ist anders, keiner ist dem anderen gleich. Dennoch können wir den Baum als „Baum“ benennen. Jede gute Tat unterscheidet sich von der anderen: wenn wir zum Beispiel für einen guten Zweck Geld spenden, tun wir etwas völlig anderes, als wenn wir uns beispielsweise für ein ehrenamtliches Projekt engagieren: im ersten Fall starten wir zum Beispiel unseren Computer, loggen uns bei unserer Bank ein, füllen ein Online-Formular aus und klicken auf „Überweisen“. Im zweiten Fall gehen wir aus dem Haus, leiten zum Beispiel Pfadfinder-Gruppenstunden, geben Hausaufgabenhilfe oder lesen älteren Leuten im Altenheim Siegfried Lenz (oder den Koran) vor. Trotzdem haben wir für all dies – so unterschiedlich die einzelnen Handlungen sind – einen gemeinsamen Namen: wir nennen es „gut“.

Die Fähigkeit,
1. entgegengesetzte Handlungen (zum Beispiel zu Hause in den Computer einzutippen und andererseits rauszugehen und mit anderen Menschen etwas zu machen) dennoch mit dem gleichen Namen zu benennen („gut“)
und die Fähigkeit
2. ganz ähnliche Handlungen (z. B. am Computer Geld für soziale Projekte zu spenden oder dies beispielsweise an menschenverachtende Gruppierungen zu überweisen) mit entgegengesetzten Begriffen zu benennen,
ist im Westen von Platon beantwortet worden. Er geht davon aus, dass es eine Wirklichkeit gibt, in der „das Gute an sich“ existiert. Wir Menschen beziehen uns, wenn wir etwas als „gut“ bezeichnen, auf diese – er nennt es – „Idee“ des Guten.

Wir Menschen allein sind in der Lage, den Dingen ihren wirklichen, ihren eigentlichen Namen zu geben. Wir nehmen die Schöpfung nicht nur wahr, wie auch Tiere es tun, wir können auch Werte in den Dingen, die uns begegnen, erkennen. Und diese Fähigkeit zeichnet uns in der Schöpfung Gottes aus.

Daran erinnert mich die so vielschichtige folgende Perikope: die Adamserzählung (Sure 2:30-37), welche den großen Abschnitt über die biblische Geschichte einleitet. Allah erschafft den Menschen. Die Engel, erstaunt über diesen neuen Schöpfungsakt, werfen sich vor Allah nieder, als sie ein Geschöpf sehen, das die Dinge nicht nur bezeichnen kann, sondern ihnen auch „ihren Namen“ geben kann: „Und Er lehrte Adam aller Dinge Namen; dann zeigte Er sie den Engeln und sprach: ‚Nennt Mir die Namen dieser Dinge, wenn ihr wahrhaft seid.’ Sie sagten: ‚Preis Dir, wir haben nur Wissen von dem, was Du uns lehrst; siehe, Du bist der Wissende, der Weise.’ Er sprach: ‚O Adam! Nenne ihnen ihre Namen.’ Und als er ihnen ihre Namen genannt hatte, sprach er: ‚Sagte Ich euch nicht: Ich kenne das Verborgene der Himmel und der Erde, und ich weiß, was ihr offen tut und was ihr verbergt?’“ (2:31-33)

Was also Christen und Muslime mit Platon verbindet: das Wissen darum, dass es eine Wirklichkeit gibt, die die Grenzen unserer Welten, die wir mit den Sinnen entdecken können, überschreitet.

Ein zweites: Diese Perikope hebt die Bedeutung des Wissens hervor: der Mensch – die Person Adam steht für den Menschen allgemein – hat das Wissen um die Dinge von Gott übertragen bekommen. Die Liebe zum Wissen ist für ihn zugleich ein göttlicher Auftrag, die Vermehrung des Wissens Gottes-Dienst.

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Zur aktuellen Debatte

Er ist das Paradigma des Ungläubigen: der Unruhestifter. Die Schlagzeilen der Tage zeigen wieder die bitteren Früchte seines Tuns. Ein Gläubiger Mensch sollte sich mit dieser Art von Hetze nicht abgeben, diesen Dingen im Herzen keinen Platz einräumen. Traurig macht mich, dass ein übles Machwerk sogar den Tod von Menschen provoziert.

An diesem Wochenende wurden in unserer Kirche zwei Lesungen verkündet, die ich gerne in diesem Zusammenhang teilen möchte – und zwar aus der Bibel.

Aus dem Buch der Weisheit, welches den Juden und den Christen zugleich Heilige Schrift ist, dies:
„Die Frevler tauschen ihre verkehrten Gedanken aus und sagen: Lasst uns dem Gerechten auflauern! Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg. Er wirft uns Vergehen gegen das Gesetz vor und beschuldigt uns des Verrats an unserer Erziehung. Wir wollen sehen, ob seine Worte wahr sind, und prüfen, wie es mit ihm ausgeht. Ist der Gerechte wirklich ein Kind Gottes, dann nimmt sich Gott seiner an und entreißt ihn der Hand seiner Gegner. Roh und grausam wollen wir mit ihm verfahren, um seine Sanftmut kennenzulernen, seine Geduld zu erproben. Zu einem ehrlosen Tod wollen wir ihn verurteilen; er behauptet ja, es werde ihm Hilfe gewährt.“ (Weisheit 2, 1-20 i. A.)

Provokationen bieten – positiv formuliert – immer die Möglichkeit, die „Sanftmut“ des Gegners „kennenzulernen“, die „Geduld zu erproben“. Wieviel Leid wäre den Menschen erspart geblieben, wenn sie dem Film das einzige entgegengebracht hätten, was demselben würdig wäre: schweigende Verachtung.

Was sind denn die Kriterien für eine Botschaft, die unser Herz erreichen sollte? – Das sagt die zweite Lesung des Tages, aus dem Brief des Apostels Jakobus:
„Wo nämlich Eifersucht und Ehrgeiz herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art. Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedlich, freundlich, gehorsam, voll Erbarmen und reich an guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht. Wo Frieden herrscht, wird von Gott für die Menschen, die Frieden stiften, die Saat der Gerechtigkeit ausgestreut. Woher kommen die Kriege bei euch? Woher die Streitigkeiten? Doch nur vom Kampf der Leidenschaften in Euerm Inneren. Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig, und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in Eurer Leidenschaft zu verschwenden.“ (Jak 3,16-4,3)

Hier finden sich die Kriterien, die zeigen, welche Botschaften Raum in unseren Herzen finden sollen: heilig, friedlich, freundlich, gehorsam, voll Erbarmen, reich an guten Früchten, unparteiisch und ehrlich. Nichts von dem ist gegeben in solchen Filmen, in unangemessenen Mohammed-Karikaturen, in Bildern des Papstes, die ihn in peinlich besudelter Soutane zeigen und ähnlichem.

Wer so etwas macht, ist Unruhestifter und kein Gläubiger: unabhängig davon, ob er Gott auf der Zunge trägt oder nicht, unabhängig davon, welcher Religion oder Staatsangehörigkeit er angehört. Aber auch derjenige, der sich dagegen laut auflehnt und seine persönliche Empörung instrumentalisiert, um sich selbst hervorzutun und die eigenen Pläne zu verfolgen: auch der trägt nicht Gott im Herzen. Denn Gottes Botschaft ist ganz anders, wie wir gesehen haben.

Eine weitere Anmerkung: all dies ist ja, wie wir in den bisherigen Versen des Koran gelesen haben, nicht nur Botschaft der Bibel, sondern auch Botschaft des Koran: Unordnung, böse Taten, Unruhe auf der einen Seite. Heiligkeit (ein christlicher Begriff, zugegeben, der die Nähe zu Gott bedeutet), Erbarmen, gute Früchte auf der anderen.

In Deutschland (wie in anderen Ländern) wurde eine Debatte zu den Grenzen der Meinungs- und Pressefreiheit angestoßen. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich hier Politiker parteiübergreifend mit den Muslimen solidarisieren.

Jörg

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Das Gleichnis mit einer Mücke (2:23-24.26-27)

„Und falls ihr über das, das Wir auf Unseren Diener herabsandten, in Zweifel seid, so bringt eine gleiche Sure hervor und ruft andere Zeugen als Allah an, so ihr wahrhaftig seid. … Siehe, Allah scheut sich nicht, ein Gleichnis mit einer Mücke zu machen oder mit etwas noch Geringerem; denn die Gläubigen wissen, dass es die Wahrheit von ihrem Herrn ist. Die Ungläubigen aber sprechen: ‚Was will Allah mit diesem Gleichnis?’ Viele führt Er hierdurch irre, und viele leitet Er hierdurch recht, doch irre führt er nur die Frevler, die ihre Versprechen gegenüber Allah brechen, nachdem sie von ihm angenommen wurden, und zerschneiden, was Allah geboten hat, zu verbinden, und auf der Erde Verderben stiften. Sie werden die Verlorenen sein.“ (2:23.26-27)

Das Gleichnis mit der Mücke wirft viele Fragen auf. Erst beim zweiten Lesen erschloss sich mir der Sinn. Im April verließ ich die kontinuierliche Lesung zugunsten der Exkurse. Nun ist die „Vorarbeit“ geleistet, und ich kann wieder bei der zweiten Sure fortfahren.

Das Wunder des Koran und das Gleichnis mit einer Mücke

Vers 23 gibt den Auftakt: der Qur’an ist das Wort Gottes an die Menschen. Und den Beweis dafür liefert er selbst: niemand hat je etwas Vergleichbares geschaffen und niemandem wird dies je gelingen. (Das ist der Moment, in dem ich mir wünschte, das Arabische zu beherrschen, um dieses Wunder selbst zu entdecken). Hier wird also die uneinholbare Würde des Koran betont. In Vers 26 wird aber ein ganz anderer Aspekt des Koran nun betont: Gott scheut sich nicht, mit ihm „ein Gleichnis mit einer Mücke“ zu machen. In der Welt ist der Koran unvergleichlich. Aber vor dem Hintergrund von Allahs göttlichen Wirklichkeit, verglichen mit dem himmlischen Koran, – vgl. den vorangegangenen Blogbeitrag, – ist der offenbarte Koran wie ein „Gleichnis mit einer Mücke“.

Auf der einen Seite Gottes Wort, Rechtleitung, Wahrheit, göttliche Offenbarung, „denn die Gläubigen wissen, dass es die Wahrheit von ihrem Herrn ist“. Auf der anderen Seite ein Gleichnis mit einer Mücke, wenn er das Unsagbare sagen, das undenkbare denkbar machen, das nur als Schatten empfindbare (Gottes Liebe) durchscheinen lassen soll.

Es ist für mich als Christ ein guter Gedanke, dass – trotz der Würde, die dem Koran verliehen wird – in weiser Selbstbeschränkung in ihm bezeugt ist, dass er mit menschlichen Worten – so groß dieses Wunder auch ist – die letztendliche Wahrheit Gottes im Hier und Jetzt nicht offenbart werden kann.

Führt Gott in die Irre?

Und noch eines: hier schließt sich nun der große Bogen wieder zu den Versen 2:8 ff., in denen die Unruhestifter genannt werden, als Paradigma der Ungläubigen. Gott „führt“ sie durch die Schrift „hierdurch irre.“ Ein Gott, der bewusst einige Menschen nicht erwählt und aktiv in die Irre führt, ist mit meinem Gottesverständnis nicht zu vereinbaren. Wenn aber die Menschen die Offenbarung Gottes bewusst nicht mit dem Herzen lesen, sondern vor dem Hintergrund ihrer eigenen Pläne, wenn sie Gottes Schrift für ihre eigenen Ziele instrumentalisieren, wenn sie dadurch Unruhe und Unfrieden stiften, wie in den Versen 8ff. geschildert, wenn sie dabei sich selbst am meisten verletzen, wie in den Versen 17-20 beschrieben, dann führt Allah sie in die Irre: sogar der Koran kann – weil es nicht der göttliche Koran, sondern der offenbarte Koran ist – Menschen in die Irre führen.

Dabei ist zu beachten: die Quelle des Irrtums liegt nicht im Koran selbst, sondern in der verhärteten Lesart des Koran, bei welcher der menschliche Wille, und nicht die aufrichtige Suche nach Gott im Herzen wirkt.

Die Menschen führen sich selbst in die Irre, indem sie ihre „Versprechen gegenüber Allah brechen“ und „zerschneiden, was Allah geboten hat zu verbinden“. (Bei dieser Wortwahl stehen einem Bilder von Schwertern, die zerschneiden, und Ärzten, die „Verbinden“, heilen, vor Augen. Geht es dem Leser des Arabischen Originals ebenso?) Und sie führen sich selbst eben in die Irre, indem sie Unruhe stiften. Und so schließt sich der Bogen zu den ersten Versen dieser Sure.

Gott führt – und damit will ich heute schließen – keinen Menschen „aktiv“ in die Irre.

Jörg

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Wort Gottes (2)

Für unser Brot auf dem Tisch danken wir Gott beim Tischgebet. Er gibt unseren Feldern genügend Sonne und Regen, lässt das Getreide wachsen und ernährt uns durch seine Gaben und unsere Arbeit. Niemand würde hinterfragen: „Wieso danken wir eigentlich Gott? – Lasst uns doch lieber dem Bäcker danken.“ Obgleich – er hat das Mehl gemischt, den Teig angesetzt, geknetet, ihn in Form gebracht und letztendlich ganz eigenständig entschieden, dass dies nun zum Beispiel ein Laugen- und kein Sonnenblumenkernbrötchen wurde – und das durch sein Können möglich gemacht. Also: genügt denn nicht eigentlich ganz ihm der Dank?

Ganz ähnlich verhält es sich mit unserem Verständnis der Heiligen Schrift. Gott offenbart sich einigen wenigen Menschen. Dies geschieht für uns Christen aber nicht, indem er ihnen Sätze diktiert, die sie nur niederzuschreiben hätten. Gottes Sprache ist für uns keine verbal vermittelte. Es sind vielmehr Gotteserfahrungen, die eben nicht in Worte zu fassen sind, weil sie Erfahrungen des Unbegrenzten sind. Und da unsere Sprache, wie wir zuvor sahen, nur das geschöpfliche erfassen kann, wird diese Erfahrung in allzu menschliche Worte geprägt. Und deshalb ist eben unsere Heilige Schrift in sich nicht kohärent, sondern beinhaltet auch und besonders die zeitlichen Gegebenheiten, die Lebens- und politischen Situationen der Autoren und Redaktoren und sehr vieles „menschliche“ mehr. Und deshalb genügt es eben nicht, einfach nur wortgetreu die Bibel zu verstehen oder gar – wie es auch geschieht – als „Tatsachenbericht“, sondern vor dem Hintergrund „Gotteswort in Menschenwort“.

Dies ist freilich eine ganz besondere Herausforderung, der wir uns stellen müssen: wie ist diese Heilige Schrift zu interpretieren? Wie lassen sich die geschichtlichen und die Gotteserfahrungen der Menschen auf unsere Situation übertragen? Und wir wissen, dass auch unsere Schlüsse lediglich Bilder einer Wirklichkeit sind, die durch Worte nicht zu erfassen ist.
Im Koran finde ich diese Unmöglichkeit, das Wesen Gottes tatsächlich in Sprache zu fassen (ihn quasi dort zu verhaften, zu bannen, zu binden) – und sei es die Sprache der Heiligen Schrift – nun auch deutlich formuliert:
„Sprich: ‚Wäre das Meer Tinte für die Worte meines Herrn, wahrlich, das Meer wäre erschöpft, bevor die Worte meines Herrn versiegen, selbst wenn wir noch einmal soviel Meer dazubrächten.’ “ (19:109) – „Und wenn alle Bäume auf Erden Schreibfedern wären und das Meer (Tinte) und das Meer hernach von sieben Meeren nachgefüllt würde: Allahs Worte würden nicht erschöpft! Siehe, Allah ist mächtig und weise.“ (31, 27)
Es ist wohl kaum ein logistisches Problem angesprochen, bei dem es um die Beschaffung einer noch größeren Menge an Tinte geht. Vielmehr zeigt mir diese Stelle: der himmlische Qur’an, – er ist das Urbild des offenbarten Qur’an, – der das Wesen Gottes in seiner ganzen Wirklichkeit beschreibt (vgl. „Der Hundertste Name Gottes“), ist in menschlicher Sprache nicht vermittelbar, da alle Tinte der Welt, alle Wörter der Welt und unser im endlichen verhaftetes Denken nicht ausreichen, die Wirklichkeit Gottes als solche zu erfassen.

Der Wahre, der wirkliche Qur’an, liegt jenseits der Grenzen unserer Erfahrung und unserer begrenzten Möglichkeiten, zu verstehen.

Aber: Gott offenbart uns eine Abschrift, „… in arabischer Sprache vorgetragen …“ (12:2), damit wir ein wenig vom Glanz seiner Wirklichkeit erfahren können. Oder, wie in unserer Bibel der Apostel Paulus so treffend sagt: Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse. Dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen. Dann aber werde ich durch und durch erkennen, wie ich durch und durch erkannt worden bin.“ (1 Kor 12)

Der Glanz der Wirklichkeit Gottes ist uns nicht gänzlich verborgen: er strahlt schon in unsere Wirklichkeit hinein: Gott gibt uns in unseren Heiligen Schriften Rechtleitung und – ja – Wegweisung nicht nur für unser Leben unter Menschen, sondern auch und vor allem Wegweisung für unsere Gottessuche.

Jörg c

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Gepriesen sei der Herr

Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels
Er führt durch unwegsames Gelände
Er befreit aus Knechtschaft und Unterdrückung
Er verheißt eine neue Welt

Gepriesen sei der Herr, der Gott Mohammeds
Er ist groß und erhaben
Er ist unbegreiflich und unnahbar
Er ist groß in seinen Propheten

Gepriesen sei der Herr, der Gott Buddhas
Er wohnt in der Tiefe der Welt
Er lebt in jedem Menschen
Er ist die Fülle des Schweigens

Gepriesen sei der Herr, der Gott Afrikas
Er ist das Leben in den Bäumen
Er ist die Kraft in Vater und Mutter
Er ist die Seele der Welt

Gepriesen sei der Herr, der Gott Jesu Christi
Er verströmt sich in Liebe
Er gibt sich hin in Güte
Er überwindet den Tod

P. Anton Rotzetter, Kapuzinerpater C

Dieses Gebet von P. Anton Rotzetter möchte ich gerne mit Euch teilen! Morgen kommentiere ich es auch noch einmal kurz.

Jörg

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Einfachheit des Glaubens

Mich fasziniert am Islam immer die (im Besten Sinne des Wortes) „Einfachheit“ des Glaubens. Während wir Christen auf der biblischen Botschaft basierend eine Gedankenkathedrale aufbauten. Wir Christen glauben auch an den Einen Gott; diesen stellen wir uns aber ebenso als „Dreiheit“ vor – dies sehr reflektiert und biblisch fundiert. Die Mehrheit der Christen (davon bin ich überzeugt) kann diesen Gedanken der „Trinität“ Gottes schwerlich nachvollziehen. Geschweige denn vermitteln.

Das Christentum kennt den Einen Gott, der – auch noch in zweierlei Hinsicht (dazu an anderer Stelle mehr) – dreifaltig ist. Der Islam kennt den Einen Gott. (Punkt.)

Wir Christen haben das Wort Gottes, das von unterschiedlichen Menschen zu unterschiedlicher Zeit verfasst ist. Der Islam hat das Wort Gottes. (Punkt.)

Im Christentum gibt es Gott,und die Schöpfung. Der Mensch ist Teil der Schöpfung. Und Gott ist Mensch geworden in Jesus Christus. Im Islam gibt es Gott und die Schöpfung. Der Mensch ist Teil der Schöpfung. (Punkt.)

Wir Theologen haben diese Geheimnisse ergründet und verstehen die Bilder der „Drei-Einheit“ Gottes, der Bibel als „Gotteswort in Menschenwort“ (wie Karl Rahner inhaltlich so schön beschrieb), der Menschwerdung Gottes. Letztlich sind es Versuche, die Unbeschreiblichkeit Gottes“ zu beschreiben. Dass dies von Muslimen oft als Haarspalterei, ja als Verfremdung des Gotteswortes verstanden wird, kann ich gut nachvollziehen, zumal viele Christen selbst die Vorstellungen und Bilder nicht verstanden haben und auch nicht immer mittragen.

Für uns Christen ist dieser Impuls der „Einfachheit“ des Glaubens auch ein Apell, den eigenen Glauben vielleicht auch „einfacher“ zu verstehen: die Botschaft des Einen Gottes, unseres Schöpfers, und als Gott der Liebe ins Zentrum des Glaubens zu nehmen.

Und im Bereich der Ethik: ein Appell, die vielen Regelungen, Gebote und Verbote, die unser Katechismus beinhaltet, im Lichte eines einfachen Prinzips – nämlich das der Nächsten- und Gottesliebe – zu verstehen, und an dem sich letztlich die einzelnen Gebote auch zu messen und zu bewähren haben.

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Wort Gottes (1)

In der islamischen Tradition gilt der Koran als wortwörtlich offenbart. Der Prophet verkündet nicht nur die Worte, sondern vokabelgenau sogar die Wörter, die er vom Erzengel Gabriel empfing. Als christlicher Theologe kann und wollte ich diese sogenannte „Verbalinspiration“ für die Bibel nicht in Anspruch nehmen.
Unterschiedlichste Menschen mit unterschiedlichsten Anliegen sind als Verfasser der biblischen Bücher bekannt. Sogar bei einzelnen Perikopen (Bibelstellen) kann die Forschung eine ganze Reihe von Autoren nachweisen, die die Erzählung verfasst, ergänzt, weiterentwickelt und mit anderen Bibelquellen verwoben haben. Und Theologen verheimlichen dies nicht, sondern die biblische Theologie erforscht die biblische Tradition und findet laufend neue Nuancen, laufend neue Autoren und Redaktoren, die Einfluss auf die Bibel nahmen, die „mitschrieben“.

Und dennoch: wenn ich in der Kirche die Lesung vortrage, beende ich dies mit dem Ruf: „Wort des lebendigen Gottes“. Wort Gottes? Wo es doch so offensichtlich das Wort ganz vieler Menschen ist. Wie kann man sich das vorstellen?

Ich beneide die Muslime ein wenig um die Einheitlichkeit des Koran. Einheitlich? – Ehrlich gesagt gibt es schon einige gegenläufige Tendenzen, aber in sich kann man von einer deutlich größeren Einheitlichkeit mit deutlich geringeren Brüchen ausgehen, als in der Bibel offensichtlich ist. Ist es nicht immer wieder die Frage der Muslime an die Christen: wie könnt Ihr von Gottes Wort sprechen, wenn ganz eindeutig so viele Menschen mitsprechen? (wird fortgesetzt)

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… wie eine wundervolle Musik

Religion ist wie eine wundervolle Musik. Jede Religion ist wie eine Stimme in Gottes Lied für die Welt. Jede Religion singt eine Strophe und spielt bestimmte Noten, die sich in das große Lied des Universums einfügen. (…) Die Religionen sind wie Instrumente in einer Symphonie, wie Sänger in einem Chor.

Aus: Rabbi Marc Gellman; Monsignore Thomas Hartmann, Wie buchstabiert man Gott? : die großen Fragen und die Antwort der Religionen.

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Inspiration

Vor den Blogferien war das Gebet in der Nacht (Sure 73, der Verhüllte) Thema. Mit zwei Ereignissen in der Nacht knüpfe ich nun nach der Sommerpause wieder an. Und meine Sommerpause fiel ja in diesem Jahr mit dem Rammadan zusammen, und ich hoffe, alle Muslime unter den Lesern hatten eine segensreiche Zeit.

Die persönlichen Wege der Menschen auf ihrer Gottessuche sind sehr individuell und unterschiedlich. Der eine wächst von Kindheit an in seiner Religion auf und lernt über Eltern, Lehrer und Freundeskreis die Bilder über Gott kennen, er lebt den Glauben und verliert ihn nie. Ein anderer distanziert sich vom Glauben seiner Eltern, sucht und findet andere Worte, andere Ideen, andere Menschen, die ihn wieder zu Gott führen: entweder explizite, indem er in eine andere Religion oder in seine Ursprungsreligion zurückfindet, oder eben nicht, und Gott nur implizite entdeckt über seine Fähigkeit zu lieben und das Gesetz, das Gott in die Herzen aller Menschen gelegt hat.

Viele große Männer in den Religionen verdanken ihren Glauben aber einem Schlüsselerlebnis: Gott offenbart sich ihnen in einem unbeschreiblichen Moment ganz unmittelbar: ein Augenblick, nach dem die Welt für diese Person nicht mehr dieselbe ist.

Wir Christen kennen die Geschichte des Saulus, der durch ein Erlebnis vom erbitterten Gegner der Christen zum “Völkerapostel“ Paulus wurde; Martin Luther erlebte einen solchen Moment der Selbstoffenbarung Gottes im Turm seines Klosters in Wittenberg, Mose erlebte ähnliches, als er aus einem brennenden, aber nicht verbrennenden Dornbusch die Stimme Gottes vernahm.

Einen solchen Moment im Leben des Mohammed beschreibt Sure 17. „Gepriesen sei Der, Der seinen Diener (Mohammed) von der unverletzlichen Moschee (Kaaba in Mekka) zur fernsten Moschee (Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem) führte, deren Umgebung wir gesegnet haben, um ihm einige von Unseren Zeichen zu zeigen. Wahrlich, Er ist der Hörende, der Schauende.“ (Sure 17:1) Gott führt Mohammed also von Mekka nach Jerusalem, um ihn dort, wie die Überlieferung beschreibt, in den Himmel aufsteigen zu lassen.

Ein anderes Erlebnis des Propheten beschreibt Sure 97: „Wir haben ihn wahrlich in der Nacht des Schicksals (oder der Bestimmung) herabgesandt. Und was lässt dich wissen, was die Nacht des Schicksals ist? Die Nacht des Schicksals ist besser, als tausend Monate. In ihr kommen die Engel und der Geist (ggf. der Erzengel Gabriel) mit ihres Herrn Erlaubnis herab, mit jeglichem Auftrag. Frieden ist sie bis zum Anbruch der Morgenröte.“ (97:1-5). In der hier beschriebenen Nacht wurden die frühesten Verse des Koran offenbart. („Lies! Im Namen deines Herrn, der erschuf, – erschuf den Menschen aus einem sich Anklammernden. Lies! Denn dein Herr ist gütig. Der durch die (Schreib-) Feder gelehrt hat, – den Menschen gelehrt hat, was er nicht wusste.“ (97:1-5)

Die Schöpfung der Welt, die Schöpfung des Menschen, Gottes Wege mit den Menschen, Gottes Gesetz für die Menschen: all dies wird – in der Sprache der Menschen – Wort Gottes. Wort Gottes: für Juden der Tanach, für uns Christen die Bibel, für Muslime der Koran. Die gemeinsame Botschaft: das Zeugnis für den einen Gott, den Schöpfer all dessen, was ist.

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Koranverteilung

„Diese Aktion instrumentalisiert unsere Heilige Schrift.“ Aiman A. Mazyek in Christ und Welt. Mehr muss zur Aktion der Koranverteilung nicht gesagt werden: http://www.christundwelt.de/themen/detail/artikel/ein-pr-gag/

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